Verkehrsversuch auf der S 154: Innovationen für den Radverkehr im Test
Was tun, wenn an einer Landstraße ein Radweg fehlt, die Route aber für den Radverkehr wichtig ist und der schnellen Nachrüstung mit einem Radweg Hürden entgegenstehen?
Mit solchen Herausforderungen beschäftigt sich an mehreren konkreten Straßenabschnitten in Sachsen das Projekt ALRad, das der Freistaat Sachsen vor zwei Jahren gestartet hat. Eines der ALRad-Projekte befindet sich an der Staatsstraße 154 zwischen Bad Schandau und Altendorf. Der Verkehrsversuch hat zum Ziel, zeitnah umsetzbare Maßnahmen für alltagstaugliche und sichere Radverkehrsführungen zu entwickeln. Mit dem Projekt will der Freistaat einen Lückenschluss schaffen, der auch das bereits bestehende Nebennetz in den Blick nimmt.
Der Verkehrsversuch ist Teil der Radverkehrsverbindung zwischen Bad Schandau und Sebnitz, die bereits in der Sächsischen Radverkehrskonzeption von 2014 als Bedarf gemeldet ist. Für zwei Abschnitte dieser Verbindung befinden sich bereits straßenbegleitende Radwege in der Planfeststellung. Da der Abschnitt zwischen Bad Schandau und Altendorf topografisch sehr anspruchsvoll ist und die Bebauung an mehreren Stellen die Straßenbreite limitiert, wurde die Planung eines straßenbegleitenden Radweges für diesen Abschnitt zurückgestellt. Der aktuelle Verkehrsversuch hat nun zum Ziel alternative Maßnahmen umzusetzen und zu erproben, wie der den Abschnitt für den Radverkehr attraktiver und zugleich sicher werden kann.
Vorbereitend wurden mit einer Machbarkeitsstudie mögliche Routenführungen genauer untersucht. Die direkte Verbindung entlang der S 154 kristallisierte sowohl gemäß der Kriterien der Studie als auch dem Wunsch der Gemeinde als Vorzugsvariante heraus.
Der Verkehrsversuch besteht aus mehreren Bausteinen: Piktogrammketten entlang der Strecke verdeutlichen, dass der Radverkehr gemeinsam mit den Autos im Mischverkehr geführt wird. Zusätzlich wurde die Geschwindigkeit in Kurvenbereichen auf 50 km/h und auf 70 km/h entlang der geraden Strecke reduziert. Infotafeln zur Routenführung und zur gegenseitigen Rücksichtnahme sowie digitale Anzeigen zur aktuell gefahrenen Geschwindigkeit sollen das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmenden schärfen.
Neben der Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf der S 154 wird auch der Zauckenweg als mögliche alternative Route auf den Hinweistafeln ausgewiesen, um insbesondere dem bergauf fahrenden Radverkehr eine Alternative mit geringerer Verkehrsbelastung anzubieten. Wie alltagstauglich diese Streckenführung ist, muss sich im Laufe des Verkehrsversuchs zeigen. Denn der Zauckenweg hat nicht nur eine starke Steigung, sondern ist zudem sehr eng bebaut, hat stellenweise ein eingeschränktes Sichtfeld und einen schlechten Oberflächenbelag.
Am 25. November 2024 fand zum ALRad-Projekt Bad Schandau-Altendorf eine Informationsveranstaltung der LIST GmbH statt, die umfangreich über den im Sommer 2024 gestarteten Verkehrsversuch entlang der S 154 zwischen Bad Schandau und Altendorf informierte. Rund 20 Anwohner, Verkehrsteilnehmende und Vertreter des Radverkehrs sind der Einladung der LIST GmbH gefolgt, um sich über den Hintergrund, die Idee und den aktuellen Fortschritt des Projektes zu informieren sowie Ihre Bedenken und Anregungen zu äußern.
Die Temporeduzierung im Rahmen des Verkehrsversuchs begrüßte die große Mehrheit der Anwesenden. Besonders Anwohner hatten eine solche Maßnahme schon in der Vergangenheit gefordert, um die Sicherheit auf der Strecke zu erhöhen. Gleichzeitig ist klar, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen nur dann ihre volle Wirksamkeit entfalten können, wenn sich alle Verkehrsteilnehmenden daran halten.
Der ADFC begrüßt den Ansatz des Verkehrsversuchs, da es eine spannende Möglichkeit darstellt, neue Lösungen für den Radverkehr abseits des Standardrepertoires nicht nur theoretisch zu diskutieren, sondern auch praktisch anzugehen und zu testen. Kurzfristige Lösungen wie diese können eine wichtige Brücke schlagen, bis der Bau eines sicheren, straßenbegleitenden Radwegs realisiert ist. Diese Art von Innovationen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer sicheren und zukunftsfähigen Radverkehrsinfrastruktur.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Verkehrsversuch zwischen Bad Schandau und Altendorf in der Praxis bewährt und ob ähnliche Lösungen auch in anderen Regionen ausprobiert werden können. Klar ist jedoch, dass der Versuch ein wichtiger Bestandteil bei der Suche nach schnellen und effizienten Lösungen für den Alltagsradverkehr ist, der sowohl die Bedürfnisse der Radfahrenden als auch die der anderen Verkehrsteilnehmenden berücksichtigt.